Schulungsanspruch
Nach § 37 Abs. 6 BetrVG
Betriebsräte haben einen Anspruch auf den Besuch von erforderlichen Schulungen
Erforderlichkeit von Seminaren
Im Betriebsverfassungsgesetz ist der Schulungsanspruch für Betriebsräte geregelt. Hiernach haben Betriebsräte einen Anspruch auf den Besuch von sogenannten erforderlichen Schulungen.
Eine Schulung ist dann erforderlich, wenn ein Betriebsratsmitglied nicht oder nicht ausreichende Kenntnisse hat, um die Aufgaben des Betriebsrats sach- und fachgerecht zu erfüllen. Der Betriebsrat muss die Erforderlichkeit der Schulungen gegenüber dem Arbeitgeber nachweisen können.
Eine Ausnahme bilden die Grundlagenschulungen. Bei diesen hat das Bundesarbeitsgericht 1995 entschieden, dass die Erforderlichkeit gegenüber dem Arbeitgeber nicht näher dargelegt oder begründet werden muss (Bundesarbeitsgericht vom 19.07.1995 – 7 ABR 49/94). Grundlagenschulungen beschäftigten sich mit dem Betriebsverfassungsgesetz (BRI, BRII, BRIII), dem Arbeitsrecht (ARI, ARII, ARIII) und dem Arbeitsschutz (ASI).
Bei Seminaren, die nicht zu den Grundlagenschulungen gehören, könnten die folgenden Punkte berücksichtigt werden, um die Erforderlichkeit einzuschätzen:
- die konkreten Seminarinhalte,
- eine mögliche Aufgabenverteilung innerhalb des Betriebsrats und
- eine thematische Spezialisierung einzelner Betriebsratsmitglieder,
- die Zahl der entsandten Betriebsratsmitglieder und deren Verhältnis zur Gesamtgröße des Betriebsrats,
- die letzte Aktualisierung des bereits vorhandenen Wissens
- sowie betriebliche Entwicklungen, die es besonders dringlich erscheinen lassen, die Kenntnisse der jüngeren Rechtsprechung in bestimmten Fragen zu aktualisieren.
Auch Wahlvorstände haben einen Schulungsanspruch!
Warum haben Betriebsräte einen Schulungsanspruch?
Durch die Übernahme des Betriebsratsamtes haben die Mitglieder des BR neben der Erfüllung ihrer arbeitsvertraglichen Aufgaben weitere, nicht unerhebliche Amtspflichten übernommen. Um das ihnen anvertraute Amt verantwortungsvoll auszuführen und die damit verbundenen Aufgaben ordnungsgemäß durchführen zu können, sind spezielle Kenntnisse der BR-Mitglieder insbesondere im Betriebsverfassungs- und im Arbeitsrecht notwendig.
Sind Betriebsräte zum Schulungsbesuch verpflichtet?
Jeder Betriebsrat hat sich auf sein Mandat umfassend vorzubereiten und ist aus diesem Grund verpflichtet, sich die hierfür unerlässlichen Kenntnisse anzueignen.
Bereits 1981 hat das Bundesarbeitsgericht klargestellt, dass verantwortungsvolle Betriebsratsarbeit nur dann möglich ist, wenn jedes Mitglied über das erforderliche Mindestwissen zur Erfüllung seiner Aufgaben verfügt. Diese Kenntnisse sind in erster Linie durch den Besuch von geeigneten Schulungen zu erwerben (BAG vom 05.11.1981 – 6 ABR 50/79). Auf ein Selbststudium der Materie braucht sich der Betriebsrat nicht verweisen lassen (BAG, 15.05.1986).
Dennoch kommt es immer wieder vor, dass Arbeitgeber den Besuch von Schulungen verhindern wollen. Gerne beraten wir Sie in diesem Fall kostenlos!
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Wie viele Schulungen dürfen Betriebsräte besuchen?
Der Schulungsanspruch für Betriebsräte ist zeitlich und anzahlmäßig unbegrenzt. Grundlage der Entscheidung für eine Schulung ist deren Erforderlichkeit. Die Begrenzung der Anzahl an Seminaren pro Betriebsrat pro Jahr ist daher unzulässig.
Wichtig ist hierfür die Unterscheidung des § 37 Abs. 6 sowie § 37 Abs. 7 des BetrVG:
Schulungsanspruch nach § 37 Abs. 6 BetrVG
- Zeitliche Begrenzung:
Nach dem § 37 Abs. 6 gibt es keine zeitliche Begrenzung, wie viele erforderliche Seminare ein Betriebsratsmitglied während seiner Amtszeit besuchen darf. Das bedeutet, dass er während seiner Amtszeit so viele Schulungen besuchen darf, wie erforderlich sind. - Erforderlichkeit:
Eine Schulung ist dann erforderlich, wenn ein Betriebsratsmitglied nicht oder nicht ausreichende Kenntnisse hat, um die Aufgaben des Betriebsrats sach- und fachgerecht zu erfüllen. - Kostenübernahme:
Die Kosten für Seminare, Webinare etc. (Schulungs- und Bildungsveranstaltungen) nach § 37 Abs. 6 BetrVG trägt der Arbeitgeber. Hierzu gehören alle anfallenden Kosten (in der Regel Seminargebühren, Fahrtkosten, Kosten für Unterkunft und Verpflegung oder Webinargebühren). Nach § 37 Abs. 2 BetrVG hat der Arbeitgeber auch das Arbeitsentgelt des Betriebsratsmitglieds für die Dauer der Schulung fortzuzahlen.
Schulungsanspruch nach § 37 Abs. 7 BetrVG
- Zeitliche Begrenzung:
Der Bildungsanspruch aus dem § 37 Abs. 7 ist auf drei Wochen pro Amtszeit begrenzt. Bei Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die erstmals das Amt eines Betriebsratsmitglieds übernehmen und nicht zuvor Jugendvertretung waren, erhöht sich der Anspruch auf vier Wochen. - Erforderlichkeit:
Nach dem § 37 Abs. 7 ist das einzelne Betriebsratsmitglied frei in seiner Entscheidung, welches Seminar es für seine Betriebsratstätigkeit als wichtig erachtet, ohne, dass das Gremium hier ein Vetorecht hat. Voraussetzung ist, dass es sich um ein als geeignet anerkanntes Seminar handelt. - Kostenübernahme:
Für Schulungs- und Bildungsveranstaltung(en) nach § 37 Abs. 7 BetrVG stellt der Arbeitgeber lediglich das Betriebsratsmitglied für die Dauer des Besuchs der Schulungsveranstaltung von der Arbeit unter Fortzahlung des Arbeitsentgeltes frei. Die Kosten für das Seminar, die Unterbringung etc. muss der Arbeitgeber nicht tragen!
Weitere häufige Fragen:
Den Betriebsräten steht ein eigener Beurteilungsspielraum zu, so das Gericht. Auch muss nicht der günstigste Anbieter gewählt werden. Es ist nicht zu beanstanden, wenn ein neues BR-Mitglied eine Maßnahme auswählt, in der der Unterrichtsstoff in zwei aufeinander aufbauenden Einheiten vermittelt wird. Unproblematisch ist dies auch dann, wenn hierfür geringfügig höhere Kosten anfallen, als bei einem anderen Anbieter. Mit dieser Entscheidung wird die Linie des Bundesarbeitsgericht fortgesetzt, das auch von einem eigenen Beurteilungsspielraum ausgeht.
Quelle: Landesarbeitsgericht Frankfurt, 14.05.2012, 16 Ta BV 226/11
Der Betriebsrat kann die Erforderlichkeit eines Seminars durch das Arbeitsgericht feststellen lassen. Auch der Arbeitgeber kann zur Klärung seiner Bedenken ein Beschlussverfahren beim Arbeitsgericht beantragen, um festzustellen, ob das Seminar des Betriebsrates “erforderlich” ist.
Das Arbeitsgericht entscheidet darüber, ob das Betriebsratsseminar erforderlich ist. Es ist daher wichtig, dass der Betriebsrat
- eine Jahresplanung seiner Schulungen erstellt und diese so schnell wie möglich
- dem Arbeitgeber zur Information (Grundschulungen) oder Genehmigung (Spezialschulungen) vorlegt.
In diesem Fall ist hinreichend Zeit für eine gerichtliche Klärung.
Wenn der Seminarbeschluss des Betriebsrates wg. der aktuellen Situation kurzfristig erfolgt, kann der Schulungsanspruch durch eine einstweilige Verfügung vor dem Arbeitsgericht durchgesetzt werden.
In jedem Fall
- hat der Arbeitgeber die Kosten zu tragen und es ist dem Betriebsrat zu empfehlen
- eine Fachanwalt für Arbeitsrecht mit der Durchsetzung zu beauftragen.
Argumente, die den Arbeitgeber überzeugen können
Aus der Erfahrung wissen wir, dass es immer wieder Arbeitgeber gibt, die verhindern wollen, dass Betriebsräte Schulungsveranstaltungen besuchen. Am häufigsten werden dabei Argumente genutzt, wie „Der Zeitpunkt ist unpassend“, „Es stehen keine finanziellen Mittel für Schulungen zur Verfügung“ oder „Diese Schulungsinhalte sind für Sie als Gremium nicht erforderlich“. Zusätzlich werden Betriebsräte auch unter Druck gesetzt, davon abzusehen, Schulungen zu besuchen.
Insbesondere bei den Grundlagenschulungen zum Betriebsverfassungs- und Arbeitsrecht müssen Sie die Erforderlichkeit der Schulung gegenüber dem Arbeitgeber nicht näher begründen. Dass diese für jedes einzelne Mitglied des Gremiums erforderlich ist, hat das Bundesarbeitsgericht z. B. in seinem Urteil vom 19.07.95 (7 ABR 49/94) beschlossen. Bei allen Schulungsangeboten ist grundsätzlich die Verhältnismäßigkeit der Kosten zu beachten und somit z. B. eine ortsnahe Schulung vorzuziehen. Sollte hier keine passende Schulung zur Verfügung stehen oder diese ausgebucht sein, ist es dem Betriebsrat allerdings nicht zuzumuten länger auf diese zu warten (LAG Hamm vom 17.10.2003 – 10 TaBV 83/03).
Wir haben in dem folgenden Video zusätzlich einige Argumente zusammengestellt, die Sie nutzen können, um Ihren Arbeitgeber vom Gegenteil zu überzeugen
Wichtige Rechtsprechung zum Schulungsanspruch Betriebsrat
Grundkenntnisse im Arbeitsrecht sind für alle Betriebsratsmitglieder unerlässlich (BAG vom 16.10.1986 – AP Nr. 58 zu § 37 BetrVG 1972).
Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist eine verantwortliche Betriebsratsarbeit nur dann möglich, wenn jedes Betriebsratsmitglied über Mindestkenntnisse im BetrVG verfügt (BAG vom 06.11.1973 u. 27.09. 1974 – AP Nr. 5 u. 18 zu § 37 BetrVG).
Schulungsveranstaltungen über Arbeitsschutz und Unfallverhütung (Arbeitssicherheit) sind grundsätzlich im Sinne des § 37 Abs. 6 BetrVG als erforderlich anzusehen (BAG vom 15.05.1986 – AP Nr. 54 zu § 37 BetrVG 1972).
Die Schulung „Mitbestimmungsrechte nach § 87 BetrVG” kann eine erforderliche Grundschulung im Sinne des § 37 Abs. 6 BetrVG sein, für die kein besonderer Nachweis der Erforderlichkeit der Kenntniserlangung geführt werden muss (vgl. LAG Nürnberg vom 28.05.2002 – 6 (5) TaBV 29/01, 3 Ca 4513/97 A).
Nach der Rechtsprechung des LAG Baden-Württemberg (vom 08.11.1996 – 5 TaBV 2/96) erfordert eine sachgerechte Betriebsratsarbeit von jedem Betriebsratsmitglied einen gewissen Standard an wirtschaftlichen Kenntnissen. Insoweit ist allen BR-Mitgliedern, sofern sie derartige Kenntnisse nicht besitzen, die Teilnahme an Schulungs- und Bildungsveranstaltungen zu ermöglichen, die solche notwendigen und allgemeinen Kenntnisse vermitteln.
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