Paragraf 102 BetrVG

Möchte ein Arbeitnehmer beziehungsweise ein Arbeitgeber ein bestehendes Arbeitsverhältnis beenden, so kann er dies auf dem Wege der Kündigung tun. Die Mehrzahl der Arbeitsverhältnisse wird durch eine Kündigung beendet. Während der Arbeitnehmer in der Regel nur vertragliche Fristen und Regelungen einzuhalten hat, unterliegt der Arbeitgeber weitaus strengeren Auflagen. Betriebsräte haben bei Kündigungen nach § 102 BetrVG ein Mitbestimmungsrecht. Wie dieses aussieht, erfahren Sie hier!

  1. Der Betriebsrat ist vor jeder Kündigung zu hören. Der Arbeitgeber hat ihm die Gründe für die Kündigung mitzuteilen. Eine ohne Anhörung des Betriebsrats ausgesprochene Kündigung ist unwirksam.
  2. Hat der Betriebsrat gegen eine ordentliche Kündigung Bedenken, so hat er diese unter Angabe der Gründe dem Arbeitgeber spätestens innerhalb einer Woche schriftlich mitzuteilen. Äußert er sich innerhalb dieser Frist nicht, gilt seine Zustimmung zur Kündigung als erteilt. Hat der Betriebsrat gegen eine außerordentliche Kündigung Bedenken, so hat er diese unter Angabe der Gründe dem Arbeitgeber unverzüglich, spätestens jedoch innerhalb von drei Tagen, schriftlich mitzuteilen. Der Betriebsrat soll, soweit dies erforderlich erscheint, vor seiner Stellungnahme den betroffenen Arbeitnehmer hören. § 99 Abs. 1 Satz 3 gilt entsprechend.
  3. Der Betriebsrat kann innerhalb der Frist des Absatzes 2 Satz 1 der ordentlichen Kündigung widersprechen, wenn

    1. der Arbeitgeber bei der Auswahl des zu kündigenden Arbeitnehmers soziale Gesichtspunkte nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat,

    2. die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 verstößt,

    3. der zu kündigende Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz im selben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann,4. die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen möglich ist oder5. eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Vertragsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat.

  4. Kündigt der Arbeitgeber, obwohl der Betriebsrat nach Absatz 3 der Kündigung widersprochen hat, so hat er dem Arbeitnehmer mit der Kündigung eine Abschrift der Stellungnahme des Betriebsrats zuzuleiten.

  5. Hat der Betriebsrat einer ordentlichen Kündigung frist- und ordnungsgemäß widersprochen, und hat der Arbeitnehmer nach dem Kündigungsschutzgesetz Klage auf Feststellung erhoben, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist, so muss der Arbeitgeber auf Verlangen des Arbeitnehmers diesen nach Ablauf der Kündigungsfrist bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits bei unveränderten Arbeitsbedingungen weiterbeschäftigen. Auf Antrag des Arbeitgebers kann das Gericht ihn durch einstweilige Verfügung von der Verpflichtung zur Weiterbeschäftigung nach Satz 1 entbinden, wenn

    1.  die Klage des Arbeitnehmers keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet oder mutwillig erscheint oder

    2. die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers zu einer unzumutbaren wirtschaftlichen Belastung des Arbeitgebers führen würde oder

    3. der Widerspruch des Betriebsrats offensichtlich unbegründet war.

  6. Arbeitgeber und Betriebsrat können vereinbaren, dass Kündigungen der Zustimmung des Betriebsrats bedürfen und dass bei Meinungsverschiedenheiten über die Berechtigung der Nichterteilung der Zustimmung die Einigungsstelle entscheidet.
  7. Die Vorschriften über die Beteiligung des Betriebsrats nach dem Kündigungsschutzgesetz bleiben unberührt.

Anhörung des Betriebsrats

Gemäß Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) ist der Betriebsrat vor jeder Kündigung (fristgerechte-, fristlose- oder Änderungskündigung) anzuhören. Im Rahmen der Anhörung müssen Arbeitgeber dem Betriebsrat die Gründe für die geplante Kündigung mitteilen.

Es

  • ist unerheblich, ob der Arbeitnehmer unter das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) fällt.
  • ist irrelevant, ob eine Kündigung in der Probezeit erfolgt oder danach sowie ob ein besonderer Kündigungsschutzgreift.
  • spielt es keine Rolle, ob eine ordentliche oder außerordentliche Kündigung oder eine Änderungskündigung erfolgt.

Der Betriebsrat muss in jedem dieser Fälle angehört werden. Eine ohne Anhörung des Betriebsrats ausgesprochene Kündigung ist gemäß § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG unwirksam[i].

Sie ist auch unwirksam, wenn der Arbeitgeber den Betriebsrat vor Ausspruch der Kündigung zwar angehört hat, seiner Unterrichtungspflicht aber nicht ausführlich genug nachgekommen ist.

Zur Entgegennahme Unterlagen zur Kündigungsabsicht des Arbeitgebers ist der Vorsitzende des Betriebsrats oder im Falle seiner Verhinderung sein Stellvertreter berechtigt (§ 26 Abs. 2 S. 2 BetrVG).

Hat der Betriebsrat bzw. sein Vorsitzender die vom Arbeitgeber angekündigte Übergabe eines Anhörungsschreibens zur Kündigung außerhalb des Betriebs nicht abgelehnt, ist sein Stellvertreter zur Entgegennahme berechtigt, wenn das Anhörungsschreiben dem Betriebsratsvorsitzenden mangels Anwesenheit nicht ausgehändigt werden kann.[ii]

[i] BAG, 12.05.2005, 2 AZR 149/04

[ii] BAG 07.07.2011 – 6 AZR 248/10

Umfang der Anhörung nach § 102 BetrVG

Der Betriebsrat ist ordnungsgemäß angehört, wenn ihm der Arbeitgeber die aus seiner Sicht subjektiv tragenden Kündigungsgründe mitgeteilt hat.[i] Der für die Kündigung maßgebende Sachverhalt muss so genau und umfassend beschrieben werden, dass der Betriebsrat ohne zusätzliche eigene Nachforschungen in der Lage ist, selbst die Stichhaltigkeit der Kündigungsgründe zu prüfen und sich ein Bild zu machen.

Der Arbeitgeber erfüllt die Anhörungspflicht nicht, wenn er den Kündigungssachverhalt nur pauschal, schlagwort- oder stichwortartig umschreibt, ohne die für seine Bewertung maßgeblichen Tatsachen mitzuteilen.[ii]

Der Betriebsrat muss über folgende Punkte bezüglich des Arbeitnehmers, dem gekündigt werden soll, informiert werden:

  • Angaben zur Person des Arbeitnehmers
  • Art der Kündigung
  • Grund für die Kündigung
  • Kündigungsfrist
  • Etwaige tarifvertragliche oder arbeitsvertragliche Unkündbarkeit

Zu den persönlichen Angaben über den Arbeitnehmer gehören:

  • Alter
  • Behinderung
  • Arbeitsbereich, in dem der Arbeitnehmer tätig ist
  • Dauer der Betriebszugehörigkeit
  • Familienstand
  • Zahl der unterhaltsberechtigten Kinder

Ist das KSchG auf das Arbeitsverhältnis anwendbar, muss der Arbeitgeber die Kündigung ausführlicher begründen, da das KSchG eine „sozial gerechtfertigte“ Kündigung verlangt. Der  Betriebsrat ist bei der Anhörung in die Lage zu versetzen, das Vorliegen eines Kündigungsgrundes zu überprüfen.

Daher muss zusätzlich angeben, ob die Kündigung (Art der Kündigung)

  • als betriebsbedingte Kündigung und /oder
  • als personenbedingte Kündigung und/oder
  • als verhaltensbedingte Kündigung

erfolgt.

Weiterhin müssen die genauen Umstände der Kündigung, also den Sachverhalt, auf den die Kündigung gestützt wird, geschildert werden. Auch etwaige vorausgegangene Abmahnungen sind zu nennen.

[i] BAG 16.09.2004 – 2 AZR 511/03

[ii] BAG v. 13.7.1978 – 2 AZR 717/76

Zweck der Anhörung

Grundsätzlich hat der Betriebsrat die Aufgabe die Einhaltung von Gesetzen zu prüfen und sicherzustellen (§ 80 BetrVG) – so auch bei einer Kündigung. Vor jeder Kündigung seitens des Arbeitgebers muss der Betriebsrat gemäß § 102 BetrVG angehört, werden und die Möglichkeit zur Stellungnahme bekommen. Der Betriebsrat kann dann seine Überlegungen zur Kündigungsabsicht des Arbeitgebers vorbringen. 

Mitwirkung des Betriebsrats

Die „Mitwirkungsrechte“ des Betriebsrates in personellen Angelegenheiten sind schwach. Sein Mitwirkungsrecht ist noch schwächer ausgestaltet als bei Einstellungen und Versetzungen (§ 99 BetrVG).  Das Wort Mitbestimmung im Titel des Paragraphen  § 102 BetrVG wird oft als „Etikettenschwindel“ bezeichnet.

Der Arbeitgeber muss bei jeder Kündigung eines Beschäftigten den Betriebsrat zwar anhören und ihm vorher die Gründe der Kündigung darlegen, aber ein echtes Vetorecht, das die Kündigung verhindert oder unwirksam macht, hat der Betriebsrat nicht.

Der Betriebsrat muss sich spätestens innerhalb einer Woche (bei außerordentlicher Kündigung innerhalb von drei Tagen) schriftlich zu der Kündigungsabsicht äußern.

Dabei hat er grundsätzlich 4 verschiedene Möglichkeiten zu reagieren:

  • er kann schweigen;
  • er kann der Kündigung widersprechen;
  • er kann der Kündigung zustimmen;
  • er kann Bedenken gegenüber der geplanten Kündigung äußern.

Schweigen

Äußert er sich nicht innerhalb der festgelegten Fristen (eine Woche oder drei Tage)  gilt dies als Zustimmung zur beabsichtigten Kündigung.

Widerspruch einlegen

Ein starke Reaktionsmöglichkeit des Betriebsrat ist der in § 102 BetrVG vorgesehene Widerspruch. Die Beteiligung des Betriebsrats gibt ihm Gelegenheit seine durch einen Widerspruch zur Kündigungsabsicht des Arbeitgebers vorzubringen.[i]

Dieser Widerspruch führt ebenfalls nicht dazu, dass die Kündigung automatisch unwirksam wird. Aber ein Widerspruch des Betriebsrats verbessert die Position des gekündigten Arbeitnehmers erheblich.

Widerspricht der Betriebsrat der Kündigung, so muss der gekündigte Mitarbeiter vorerst weiter beschäftigt werden, bis ein Urteil im Kündigungsschutzprozess vorliegt.

Dieser wichtige Weiterbeschäftigungsanspruch ist in § 102 Abs. 5 BetrVG geregelt. Im Kündigungsschutzprozess, den der gekündigte Mitarbeiter selbst anstrengen muss und bei dem der Betriebsrat nur beraten kann, wird über die Wirksamkeit der Kündigung entschieden.

Der Kündigung zustimmen

Eine Zustimmung zu einer Kündigung kommt in der Praxis kaum vor.

Bedenken anmelden

Bedenken anzumelden ist ein schwaches Mittel, da es keinerlei Rechtsfolgen hat.

[i] BAG 16.9.2004 – 2 AZR 511/03

Vorgaben für den Widerspruch

Der Betriebsrat kann nicht einfach widersprechen, weil er die Kündigung für z. B. für ungerecht hält. Er muss sich an die im Gesetz vorgegebenen Widerspruchsgründe halten.

Diese lauten wie folgt:

  • Die Sozialauswahl ist fehlerhaft
    (§ 102 Abs. Nr. 1 BetrVG)
    Bei jeder Kündigung sind soziale Gesichtspunkte zu berücksichtigen, ganz besonders gilt dies für betriebsbedingte Kündigungen. Entscheidende Gesichtspunkte für die soziale Schutzbedürftigkeit sind gemäß § 1 Absatz 3 KSchG die
    • Dauer der Betriebszugehörigkeit,
    • das Alter des Arbeitnehmers,
    • Unterhaltspflichten und das
    • vorliegen einer Schwerbehinderung.

      Die Berücksichtigung dieser Gesichtspunkte soll schwer wiegende soziale Härten vermeiden. Beschäftigte, die wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur unbedingt im Betrieb verbleiben sollen, sind davon ausgenommen.
      Für jeden Betriebsrat ist es schwierig, wenn er aufgrund einer Sozialauswahl andere Mitarbeiter, denen eher gekündigt werden soll, ins Spiel bringt.
  • Verstoß gegen Auswahlrichtlinien nach § 95  BetrVG
    (§ 102 Abs. 3 Nr. 2 BetrVG)
    In vielen, vor allem größeren Betrieben existieren für Kündigungen Auswahlrichtlinien (§ 95 BetrVG), die in einer Betriebsvereinbarung geregelt sind. Diese Richtlinien legen für betriebsbedingte Kündigungen die soziale Auswahl (siehe oben) fest.
  • Eine Weiterbeschäftigung an einem anderen Arbeitsplatz wäre möglich  (§ 102 Abs. 3 Nr. 3 BetrVG)
    Der Betriebsrat kann der Kündigung widersprechen, wenn der Gekündigte ohne weitere Schulung oder Fortbildungsmaßnahmen und zu unveränderten Vertragsbedingungen an einem anderen Arbeitsplatz beschäftigt werden kann. Zu berücksichtigen sind auch Arbeitsplätze, die in absehbarer Zeit frei werden oder aktuell mit Leiharbeitnehmern besetzt sind.
  • Eine Weiterbeschäftigung wäre nach einer Qualifizierung möglich  (§ 102 Abs. 3. Nr. 4 BetrVG)
    Der Betriebsrat kann der Kündigung widersprechen, wenn der Gekündigte nach Umschulungs- oder Qualifizierungsmaßnahmen an einem konkreten anderen Arbeitsplatz weiter beschäftigt werden kann. Dabei müssen die Umschulungsmaßnahmen für den Arbeitgeber im Einzelfall zumutbar sein.
  • Eine Weiterbeschäftigung unter geänderten Vertragsbedingungen wäre möglich  (§ 102 Abs. 3 Nr. 5 BetrVG)
    Der Betriebsrat kann auch dann der Kündigung widersprechen, wenn der Arbeitnehmer unter geänderten (auch unter schlechteren) Arbeitsbedingungen zur Weiterbeschäftigung bereit wäre und dafür ein Arbeitsplatz in Betracht käme. Der Arbeitgeber hat in diesem Fall eine Änderungskündigung auszusprechen.

Hält der Arbeitgeber an der Kündigung fest, muss er dem zu Kündigenden zusammen mit dem Kündigungsschreiben eine Kopie des Widerspruchschreibens des Betriebsrats aushändigen. Es soll dem Gekündigten die Argumentation bei einer Kündigungsschutzklage erleichtern

Fehler des Betriebsrates bei der Anhörung

Auf das Anhörungsverfahren nach § 102 Abs. 1 BetrVG wirken sich Mängel, die in den Zuständigkeits- und Verantwortungsbereich des Betriebsrats fallen, grundsätzlich selbst dann nicht aus, wenn der Arbeitgeber im Zeitpunkt der Kündigung weiß oder nach den Umständen vermuten kann, dass die Behandlung der Angelegenheit durch den Betriebsrat nicht fehlerfrei erfolgt ist[i].

Solche Fehler gehen schon deshalb nicht zu Lasten des Arbeitgebers, weil er keine wirksamen rechtlichen Einflussmöglichkeiten auf die Beschlussfassung des Betriebsrats hat.

Mängel, die im Verantwortungsbereich des Betriebsrats entstehen (fehlerhafte Einladung zur Betriebsratssitzung), führen grundsätzlich nicht zur Unwirksamkeit der Kündigung wegen fehlerhafter Anhörung.

Etwas Anderes kann ausnahmsweise dann gelten, wenn in Wahrheit keine Stellungnahme des Betriebsratsgremiums, sondern nur eine persönliche Äußerung des Betriebsratsvorsitzenden vorliegt oder der Arbeitgeber den Fehler des Betriebsrats durch unsachgemäßes Verhalten selbst veranlasst hat. In diesem Fall ist die Stellungnahme des Betriebsrats nichtig und wird wie eine Zustimmung behandelt. Der Arbeitgeber muss nicht davon ausgehen, es liege nur eine persönliche Äußerung des Betriebsratsvorsitzenden vor, wenn bereits zwölf Minuten nach Übermittlung des Anhörungsschreibens per Telefax an den Betriebsrat eine Antwort gleichfalls per Telefax erfolgt. In diesem Fall ist die Stellungnahme des Betriebsrats nichtig und wird wie eine Zustimmung behandelt.

[i] BAG v. 16.1.2003 – 2 AZR 707/01 

Reaktionen des Arbeitgebers

Wenn der Betriebsrat der Kündigung widersprochen hat, darf der Arbeitgeber diese dennoch aussprechen. Dabei muss aber beachtet werden, dass dem gekündigten Arbeitnehmer eine Kopie des Widerspruchs vorgelegt werden muss. Dies geschieht aus dem Grund, damit sich der Arbeitnehmer die Kenntnisse des Betriebsrates bezüglich der betrieblichen Verhältnisse zunutze und im Falle einer Kündigungsschutzklage verwenden kann.

Reaktionen des Arbeitnehmers

Eine Kündigung ist für den Arbeitgeber vielleicht eine unternehmerische Entscheidung, für den Arbeitnehmer aber oft ein emotionaler Tiefschlag. Eine Kündigung kann die finanzielle Existenz bedrohen. Emotionen können hochkochen: Wut, Verzweiflung oder Traurigkeit. Die ersten Schritte nach der Kündigung sind die wichtigsten. Wer eine Kündigung erhält, muss schnell reagieren: Betriebsrat und Gewerkschaft sind für Gekündigte die ersten Anlaufstellen.

Folgende Schritte sind notwendig:

  1. Einschalten des Betriebsrates
    Fragen Sie ihren Betriebsrat, ob der Arbeitgeber den Betriebsrat über die Kündigung informiert hat. Der Arbeitgeber muss den Betriebsrat vor jeder Kündigung anhören und die Kündigungsgründe vortragen. Unterlässt der Arbeitgeber die Anhörung oder informiert er den Betriebsrat fehlerhaft, ist die Kündigung unwirksam.
  1. Informieren Sie Ihre Gewerkschaft (Wenn Sie Mitglied sind.)
    Wenden Sie sich, nachdem Sie beim Betriebsrat waren und wissen, ob Ihre Kündigung beim Betriebsrat bekannt ist und wie der Betriebsrat sicher verhalten wird, auch sofort an Ihren Gewerkschaftssekretär oder an das örtliche Büro Ihrer Gewerkschaft. Nach einem Beratungsgespräch werden Sie in der Regel an die DGB Rechtsschutz GmbH verwiesen, der Sie als Mitglied einer Gewerkschaft vertreten wird.
  1. Kündigungsschutzklage erheben
    Nach dem Gespräch mit dem DGB-Rechtsschutz wird klar sein, ob Sie sich gegen die Kündigung wehren sollten. In diesem fall muss innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung beim zuständigen Arbeitsgericht Kündigungsschutzklage erhoben werden (§ 4 KSchG).
  1. Melden Sie sich bei der Arbeitsagentur
    Sie sind verpflichtet, sich spätestens drei Monate vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses bei der Agentur für Arbeit als arbeitssuchend zu melden. Liegen zwischen Kenntnis des Beendigungszeitpunktes und Beendigung des Arbeitsverhältnisses weniger als drei Monate, müssen Sie sich innerhalb von drei Tagen nach Kenntnis des Beendigungszeitpunktes melden – sonst können finanzielle Ansprüche verloren gehen.
  1. Nutzen Sie die Zeit für Bewerbungen
    Trotz Kündigungsschutzklage ist es ungewiss, ob Sie Ihren Arbeitsplatz behalten können. Nutzen Sie daher die Zeit innerhalb der Kündigungsfrist, um Bewerbungen zu schreiben. Für Vorstellungsgespräche hat Sie der Arbeitgeber auf Ihr Verlangen hin freizustellen.
  1. Sprechen Sie mit Ihnen nahestehenden Menschen
    Kündigungen sind immer Ereignisse, bei denen es um existenzielle Fragen geht. In solchen Situation ist das individuelle soziale Netzwerk von großer Bedeutung. Sprechen Sie über Ihre Situation, verheimlichen Sie sie nicht.

Kündigungen ohne Anhörung des Betriebsrates

Nicht vor allen Kündigungen seitens des Arbeitgebers muss der Betriebsrat angehört werden.

Keine Betriebsratsanhörung erfolgt bei

  • Freien Mitarbeitern;
  • Leitenden Angestellten;
  • Leiharbeitnehmern im Entleiherbetrieb;
  • Arbeitgebernahen Personen (Ehepartner, naher Verwandter etc.).

Auch ist der Betriebsrat nicht vor einer geplanten Kündigung anzuhören, wenn diese einen Arbeitnehmer betrifft, der sich in einem Probearbeitsverhältnis befindet, welches aufgrund mangelnder Leistungen nicht verlängert werden soll[i].

[i]  BAG, 23.04.2009, 6 AZR 516/08

Sonderfall: Kündigung BR-Mitglied

Grundsätzlich wird der Betriebsrat bei einer Kündigung „Angehört“. Ihm muss die Möglichkeit einer Stellungnahme gegeben werden. Die Einholung der Zustimmung des Betriebsrats ist nicht notwendig.

Anders sieht es aus, wenn der Arbeitgeber eine außerordentliche Kündigung eines Betriebsratsmitglieds oder eines Mitglieds der Jugend- und Auszubildendenvertretung, der Bordvertretung, des Wahlvorstands oder der Wahlbewerber beabsichtigt.

In diesem Fall ist vor der Kündigung die Zustimmung des Betriebsrats notwendig.

Verweigert der Betriebsrat die Zustimmung oder schweigt er vollständig, muss der Arbeitgeber die Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats durch das Arbeitsgericht beantragen. Vorher darf keine Kündigung erfolgen.

Bei einer ordentlichen Kündigung gilt dies nicht.

Seminartipp

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Arbeitsrecht 2
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