Beschlussfassung Betriebsrat

Die Beschlussfassung ist ein zentrales Thema für Betriebsräte, weil sie Vorteile für Arbeitnehmer schaffen und es deshalb nicht möglich sein sollte sie für ungültig zu erklären.  Das Schließen eines rechtssicheren Beschlusses ist dennoch gar nicht so leicht. Wie das funktioniert und was Betriebsräte sonst noch über die Beschlussfassung wissen müssen, lesen Sie in diesem Beitrag! 

Was sind Beschlüsse und wann werden sie gebraucht?

Das Fassen von Beschlüssen (Gemeinsame mehrheitliche Willensbildung der BR-Mitglieder) spielt in der alltäglichen Arbeit von Betriebsräten eine große Rolle. Geht ein Betriebsrat seinen Aufgaben, Rechten und Pflichten nach und nutzt seine Möglichkeiten zur Mitwirkung und Mitbestimmung, hat er regelmäßig Entscheidungen zu treffen. Hierzu gehören beispielsweise Entscheidungen über die Einstellung neuer Arbeitnehmer, das Durchführen von Betriebsversammlungen oder das Entsenden von Betriebsratsmitgliedern zu Schulungsveranstaltungen. Diese Entscheidungen müssen, um eine rechtliche Verbindlichkeit zu erhalten, in Form von sogenannten Beschlüssen getroffen werden. Sie spiegeln die gemeinsame sowie demokratische Willensbildung und Feststellung des Betriebsratsgremiums wider. Im Rahmen der Beschlussfassung treffen Betriebsräte regelmäßig Beschlüsse, die zugunsten der Arbeitnehmer des Betriebes ausfallen und zulasten des Arbeitgebers.

Zwingende Mitbestimmung

Bei Fragen, die die sogenannte „zwingende Mitbestimmung“ des Betriebsrats betreffen, kommt der Betriebsrat um eine Beschlussfassung nicht herum. Der Betriebsrat muss hier seine Zustimmung geben, weil ein Schweigen einer Ablehnung gleich kommt und nicht ausreicht. Der Arbeitgeber muss in diesem Fall erneut nachfragen. Verweigert der Betriebsrat die Kommunikation führt das zur Beantragung einer Einigungsstelle durch den Arbeitgeber. In diesem Fall schlägt der Arbeitgeber einen Vorsitzenden aus dem Betriebsrat vor sowie die Anzahl der Beisitzer. Schweigt der Betriebsrat weiter, kontaktiert der Arbeitgeber das Gericht. 

Die Relevanz einer ordnungsgemäßen Beschlussfassung:

Mittlerweile folgen immer häufiger gerichtliche Auseinandersetzungen zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber, bei denen der Arbeitgeber die ordnungsgemäße Beschlussfassung des Betriebsrats anzweifelt. Die Beschlussfassung ist nicht nur ein zentraler Bestandteil bei der Betriebsratsarbeit, sondern ebenfalls ein sehr komplexer Prozess, bei dem viele Formalitäten eingehalten werden müssen. Weil Betriebsräte leider oftmals fehlerhafte Beschlüsse fassen, werden gerichtliche Auseinandersetzungen regelmäßig zu Gunsten des Arbeitgebers entschieden und Betriebsratsbeschlüsse für ungültig befunden. Deshalb ist es für Betriebsräte besonders wichtig, den hohen Anforderungen der Beschlussfassung gerecht zu werden und bei Betriebsratssitzungen auf eine ordnungsgemäße Einladung und Tagesordnung sowie eine fehlerfreie Beschlussfassung zu achten.

Beschlussfähigkeit feststellen

Um einen ordnungsgemäßen Beschluss fassen zu können, muss zuerst die Beschlussfähigkeit des Betriebsrats überprüft werden. Der § 33 sowie der § 9 des BetrVG bilden die Rechtsgrundlage für die Beschlussfähigkeit.

Demnach ist ein Betriebsrat beschlussfähig, wenn mindestens die Hälfte der Betriebsratsmitglieder an der Beschlussfassung teilnehmen (§ 33 Abs. 2 BetrVG). Der erste Schritt besteht also darin zu prüfen, ob die Hälfte der Betriebsratsmitglieder an der Betriebsratssitzung teilnehmen. Hier treffen wir bereits auf die erste Hürde: Die Größe des Betriebsratsgremiums hängt zwar von der Anzahl der wahlberechtigten Arbeitnehmer des Betriebes ab; die Größe des Betriebsrats umfasst jedoch immer eine ungerade Anzahl an Mitgliedern (§ 9 BetrVG). So besteht der Betriebsrat beispielsweise bei 51 bis 100 Arbeitnehmern aus 5 Mitgliedern oder bei 401 bis 700 Arbeitnehmern aus 11 Mitgliedern. Die Hälfte von 5 bzw. 11 Mitgliedern wären 2,5 bzw. 5,5 Mitglieder – da es jedoch keine halben Mitglieder bzw. keine halben Mandate gibt ist die Hälfte erst bei 3 bzw. 6 Mitgliedern erreicht. Eine gerade Anzahl von Betriebsratsmitgliedern führt zwangsweise zu Neuwahlen des Betriebsrats, weil sie dann i.d.R. unter die gesetzlich vorgeschriebene Zahl an Betriebsratsmitgliedern gesunken ist (vgl. § 22 BetrVG i.V. mit § 13 Abs. 2 Ziff. 2 BetrVG sowie LAG Berlin v. 01.03.2005 und Fitting u.a. § 33 Rn. 12).

Merke

Zusammengefasst wird bei der Prüfung der Beschlussfähigkeit geprüft, ob die Hälfte der Betriebsratsmitglieder (unter Berücksichtigung vorhandener und anwesender Ersatzmitglieder) an der Betriebsratssitzung teilnehmen. Aufgrund der ungeraden Anzahl an Mitgliedern eines Betriebsrats wird hierbei immer auf die nächste ganze Zahl aufgerundet.

Tipp

Fügen Sie im oberen Bereich Ihres Musterschreiben zur Beschlussfassung den folgenden Satz ein: „Die Beschlussfähigkeit des Gremiums wurde festgestellt.“, weil Sie so beim Fassen von Beschlüssen immer daran erinnert werden die Beschlussfähigkeit des Gremiums zu prüfen und eine fehlerhafte Beschlussfassung vermeiden.

Wirksamen Beschluss fassen:

Im zweiten Schritt muss eine Stimmmehrheit von den Anwesenden Betriebsratsmitgliedern erzielt werden (§ 33 Abs. 1 BetrVG). Eine Stimmgleichheit reicht nicht aus. Auch das klingt zunächst einfacher als es in der Praxis ist, weil es zwei Punkte zu beachten gilt:

1. Stimmenthaltung

Eine Stimmenthaltung gilt nach dem Betriebsverfassungsrecht steht als eine ablehnende Stimme. Sind von einem 7-köpfigen Betriebsrat beispielsweise vier Mitglieder auf der Betriebsratssitzung anwesend (Beschlussfähigkeit hergestellt) und gibt es zwei Zustimmungen, eine Ablehnung und eine Enthaltung, kann keine Stimmmehrheit festgestellt werden. Die Enthaltung und die Abstimmung sind zusammen betrachtet ebenfalls zwei Stimmen. Somit liegen zwei Zustimmungen und zwei Ablehnungen vor. Es kann kein wirksamer antragszustimmender Beschluss gefasst werden.  

2. Einfache und Qualifizierte Mehrheit:

§ 33 Abs. 1 S. 1 BetrVG unterscheidet weiterhin zwischen der einfachen und qualifizierten Mehrheit. Die einfache Mehrheit entspricht der Anzahl der anwesenden beschlussfähigen Betriebsratsmitglieder. Wenn z. B. von einem 5-köpfigen Betriebsrat drei Mitglieder auf der Betriebsratssitzung anwesend sind und es zwei Zustimmungen und 1 Ablehnung oder Enthaltung gibt, liegt eine einfache Mehrheit vor und der Beschluss ist wirksam. Eine qualifizierte Mehrheit liegt  vor, wenn mindestens die Hälfte der gewählten Betriebsratsmitglieder ihre Zustimmung ausdrücken. Bei einem 5-köpfigen Betriebsrat und drei in der Betriebsratssitzung anwesenden Betriebsratsmitgliedern müssten alle ihre Zustimmung ausdrücken. Während bei der einfachen Mehrheit also eine Stimmmehrheit der anwesenden Betriebsratsmitglieder bei einem beschlussfähigen Betriebsrat betrachtet werden, wird bei der qualifizierten Mehrheit die Anzahl der Zustimmungen im Verhältnis zur Gesamtanzahl der Betriebsratsmitglieder betrachtet. Ob im Rahmen eines Beschluss eine einfache oder eine qualifizierte Mehrheit benötigt wird, hängt von der Thematik ab. Wann eine qualifizierte Mehrheit benötigt wird, können Sie der untenstehenden Tabelle entnehmen. 

Erforderlichkeit von Beschlüssen:

Beschlüsse sind ein zentraler Bestandteil der Betriebsratsarbeit. Doch wann muss ein Beschluss gefasst werden, wann ist dafür eine qualifizierte Mehrheit erforderlich und wann ist es politisch sinnvoll einen Beschluss zu fassen? Die folgende Liste verschafft den Überblick.

  • Hinweis gegenüber dem Arbeitgeber, dass der Betriebsrat ein bestimmtes Recht bzw. einen bestimmten Anspruch hat,
  • Meinungsäußerungen des Betriebsrats,
  • Aufforderung an den Arbeitgeber, Auskünfte zu erteilen bzw. Informationen herauszugeben,
  • Aufforderungen an den Arbeitgeber, bestimmte Sachmittel zur Verfügung zu stellen,
  • Aufforderung an den Arbeitgeber, dem Betriebsrat die Ausübung eines Mitbestimmungsrechts zu ermöglichen,
  • Frist für Zustimmung oder Ablehnung einer personellen Maßnahme (§§ 99, 100, 102) verstreichen lassen.
  • Ablehnung von oder ausdrückliche Zustimmung zu zustimmungs- oder mitbestimmungspflichtigen Maßnahmen,
  • Abschluss von Betriebsvereinbarungen,
  • Entsendung von Mitgliedern in Schulungen,
  • Bestellung von Sachverständigen,
  • Anträge beim Arbeitsgericht,
  • Anrufen einer Einigungsstelle,
  • Entsendung von Beisitzern in eine Einigungsstelle,
  • Freistellung von Mitgliedern (in dem Fall gelten besondere Vorschriften zur Wahl: § 38 Abs. 2 BetrVG),
  • Bildung von Ausschüssen (in dem Fall gelten zusätzlich besondere Vorschriften für die Wahl der Mitglieder: § 27 Abs. 1 Satz 3 und 4 BetrVG),
  • Abberufung von Mitgliedern von Ausschüssen (besondere Vorschrift zur Abberufung: § 27 Abs. 1 Satz 5 BetrVG),
  • Erlass einer Geschäftsordnung (Zustimmung der absoluten Mehrheit der Mitglieder erforderlich, § 36 BetrVG),
  • Durchführung von Sprechstunden,
  • Durchführung von Betriebsversammlungen,
  • Veranlassung von Maßnahmen, die Kosten verursachen (z. B. Anmietung eines Raums oder von Technik etc. bei Betriebsversammlungen),
  • Antrag auf Verfahren wegen Ordnungswidrigkeit (§ 121 BetrVG),
  • Antrag auf Strafverfolgung (§ 119 BetrVG),
  • Entsendungsbeschluss von Betriebsratsmitgliedern in den Gesamtbetriebsrat (§47 Abs. 2),
  • Entsendungsbeschluss von Betriebsratsmitgliedern in den Konzernbetriebsrat (§ 54 Abs. 2, § 55 Abs. 1).
  • Rücktritt des Betriebsrats (§ 13 Abs. 2 Nr. 3 BetrVG),
  • die Übertragung von Aufgaben zur selbstständigen Erledigung an den Betriebsausschuss oder einen anderen Ausschuss und deren Widerruf (§§ 27 Abs. 2, 28 Abs. 1),
  • Übertragung von Aufgaben zur selbständigen Entscheidung an Betriebsratsmitglieder, die einem gemeinsam von Arbeitgeber und Betriebsrat zu bildenden (paritätisch besetzten) Ausschuss angehören (§ 28 Abs. 2 BetrVG),
  • Übertragung von Aufgaben auf Arbeitsgruppen und deren Widerruf (§ 28a Abs. 2 BetrVG),
  • Erlass einer Geschäftsordnung für den Betriebsrat (§ 36 BetrVG),
  • Beauftragung des Gesamtbetriebsrats durch den örtlichen Betriebsrat, eine Angelegenheit für ihn zu behandeln (§ 50 Abs. 2 BetrVG),
  • Übertragung der Aufgaben des Wirtschaftsausschusses auf einen Ausschuss des Betriebsrats (§ 107 Abs. 3 BetrVG).
  • Bekräftigen einer für den Betriebsrat wichtigen Frage

Beschlussfassung als Teil von Betriebsratssitzungen:

An einen wirksamen Beschluss gibt es viele Anforderungen. Die Prüfung der Beschlussfähigkeit und die Stimmmehrheit sind noch nicht ausreichend für einen ordnungsgemäßen Beschluss, weil die Beschlussfassung als Teil einer Betriebsratssitzung betrachtet werden muss. Schleichen sich bei der Einberufung und Durchführung der Betriebsratssitzung Fehler ein, können sich diese ebenfalls auf die Beschlussfassung auswirken. Berücksichtigt werden müssen zwei Punkte:

(1) Es müssen die berechtigten BR-Mitglieder an der Beschlussfassung beteiligt sein und

(2) sie müssen beurteilen können, was sie beschließen. Für eine fehlerfreie Beschlussfassung sind entsprechend zwei weitere Faktoren relevant: Die korrekte Einladung und Nachladung der Betriebsratsmitglieder bzw. Ersatzmitglieder unter Überlassung einer vollständigen Tagesordnung der Betriebsratssitzung. Mehr Informationen haben wir in unserem Beitrag zur Betriebsratssitzungen für Sie zusammengestellt.

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