Berechnung der Abfindung im Sozialplan
Im Mittelpunkt eines Sozialplans steht häufig die Berechnung der Abfindung. Wie diese Abfindung berechnet wird, entscheidet der Betriebsrat. Am häufigsten werden die Sozialplanabfindungen in der Praxis nach dem Punkte-Modell oder dem Formel-Modell berechnet. Eine weitere Alternative stellt die einzelfallgerechte Berechnung dar, die die wirtschaftlichen Nachteile der betroffenen Arbeitnehmer am individuellsten und fairsten ausgleicht.
Inhaltsverzeichnis:
Berechnung der Abfindung nach dem Punkte-Modell
Das Punkte-Modell (ca. 18% der abgeschlossenen Sozialpläne werden nach dem Punkte-Modell abgeschlossen) wird vorzugsweise bei Sozialplänen angewendet, bei denen das Sozialplanvolumen begrenzt ist. In aller Regel durch eine Insolvenz und darauf sollte sich die Anwendung des Punkte-Modells unseres Erachtens auch beschränken. Die in Sozialplanverhandlungen häufig vom Arbeitgeber vorgetragene “Topftheorie” geht schlicht an der gesetzlichen Zielsetzung vorbei, weil bei einem festgelegtem Sozialplanvolumen kein einzelfallgerechnter Nachteilsausgleich stattfinden kann. Es kann keinen “Topf” für einen Sozialplan geben, solange die Nachteile der Betroffenen nicht ermittelt sind.
Nachteile des Punkte-Modells
- Der Betriebsrat ist in der Regel allein für die Verteilung der Abfindungssumme zuständig, denn der Arbeitgeber ist nur an der Festlegung der Höhe insgesamt interessiert. Es ist klar, dass damit alle “Verteilungskonflikte”, die aus der vorgegebenen Höhe sowie dem Punkte-Modell resultieren, mit den Kollegen allein vom Betriebsrat zu tragen sind, sodass es häufig zu Unmut in der Belegschaft kommt.
- Die Begrenzung des Gesamtvolumens verhindert die Umsetzung eines angemessenen Nachteilsausgleichs, weil Ansprüche die darüber hinaus gehen, nicht berücksichtigt werden können.
- Kein noch so differenziertes Punktesystem kann eine Einzelfallgerechtigkeit herstellen.
Kriterien im Punkte-Modell
Im Punkte-Modell werden nur sehr wenig Faktoren berücksichtigt, wie z. B.
- Dauer der Betriebszugehörigkeit
- Lebensalter
- Unterhaltsberechtigte Kinder
- Schwerbehinderung
Berechnung der Abfindung im Punkte-Modell
Die Ermittlung des Abfindungsanspruches nach dem Punkte-Modell im Sozialplan erfolgt in folgenden Schritten:
- Festlegung eines Verteilungsschemas in Form von Punkten (=Punkte-Modell) für verschiedene Kriterien, wie sie in der folgenden Punktetabelle beispielhaft dargestellt ist.
- Ermittlung der Gesamtpunktzahl, die die Betroffenen Kollegen nach diesem Verteilungsschema erreichen.
- Das Abfindungsvolumen wird dann durch diese Gesamtpunktzahl geteilt. Damit steht der € – Wert eines Sozialplan-Punktes fest.
Für jeden Betroffenen kann jetzt sein individueller Abfindungsanspruch im Sozialplan ausgerechnet werden. Das Punkte-Modell wird jedoch nicht einzelfallgerecht.
Betriebs-zugehörig- keit | Pkt. | Lebens- alter | Pkt. | unterh.- berecht. -Kinder | Pkt. | Grad der Behinder- ung | Pkt. | Ein- kom- men | Pkt. | ||||||
0 | 0 | < 15 | 15 | 1 | 5 | <50% | 15 | pro. 100 € | 10 | ||||||
1 | 2 | 16 | 15 | 2 | 11 | >50% | 30 | ||||||||
2 | 4 | 17 | 15 | 3 | 18 | ||||||||||
3 | 6 | 18 | 15 | 4 | 25 | ||||||||||
4 | 8 | 19 | 15 | 5 | 32 | ||||||||||
5 | 10 | 20 | 15 | 6 | 39 | ||||||||||
6 | 13 | 21 | 15 | 7 | 46 | ||||||||||
7 | 16 | 22 | 15 | 8 | 53 | ||||||||||
8 | 19 | 23 | 15 | 9 | 60 | ||||||||||
9 | 22 | 24 | 15 | 10 | 67 | ||||||||||
10 | 25 | 25 | 15 | ||||||||||||
11 | 29 | 26 | 17 | ||||||||||||
12 | 33 | 27 | 19 | ||||||||||||
13 | 37 | 28 | 21 | ||||||||||||
14 | 41 | 29 | 23 | ||||||||||||
15 | 45 | 30 | 25 | ||||||||||||
16 | 49 | 31 | 27 | ||||||||||||
17 | 53 | 32 | 29 | ||||||||||||
18 | 57 | 33 | 31 | ||||||||||||
19 | 61 | 34 | 33 | ||||||||||||
20 | 65 | 35 | 35 | ||||||||||||
21 | 70 | 36 | 37 | ||||||||||||
22 | 75 | 37 | 39 | ||||||||||||
23 | 80 | 38 | 41 | ||||||||||||
24 | 85 | 39 | 43 | ||||||||||||
25 | 90 | 40 | 45 | ||||||||||||
26 | 90 | 41 | 48 | ||||||||||||
27 | 90 | 42 | 51 | ||||||||||||
28 | 90 | 43 | 54 | ||||||||||||
29 | 90 | 44 | 57 | ||||||||||||
30 | 90 | 45 | 60 | ||||||||||||
31 | 90 | 46 | 63 | ||||||||||||
32 | 90 | 47 | 66 | ||||||||||||
33 | 90 | 48 | 69 | ||||||||||||
34 | 90 | 49 | 72 | ||||||||||||
35 | 90 | 50 | 75 | ||||||||||||
36 | 90 | 51 | 78 | ||||||||||||
37 | 90 | 52 | 81 | ||||||||||||
38 | 90 | 53 | 84 | ||||||||||||
39 | 90 | 54 | 87 | ||||||||||||
40 | 90 | 55 | 87 | ||||||||||||
41 | 90 | 56 | 87 | ||||||||||||
42 | 90 | 57 | 87 | ||||||||||||
43 | 90 | 58 | 87 | ||||||||||||
44 | 90 | 59 | 87 | ||||||||||||
45 | 90 | 60 | 87 | ||||||||||||
46 | 90 | 61 | 87 | ||||||||||||
47 | 90 | 62 | 87 | ||||||||||||
48 | 90 | 63 | 87 | ||||||||||||
49 | 90 | 64 | 87 | ||||||||||||
50 | 90 | 65 | 87 |
Berechnung der Abfindung nach dem Formel-Modell
Das Formel-Modell ist eine verbreitete Form der Sozialplanberechnungen (ca. 60% der abgeschlossenen Sozialpläne).
Häufig wird dabei ein Grund- oder Sockelbetrag vereinbart und dieser Betrag wird dann mit Hilfe von verschiedenen Formeln erhöht, sodass der Abfindungsbetrag individualisiert wird.
Ein Formel-Modell könnte z. B. wie folgt aussehen:
Grundbetrag (Summen zwischen 500 € und 39.000 € sind bekannt)
Steigerungsbetrag:
Betriebszugehörigkeit (in Jahren) x Monatseinkommen (Brutto) x Korrekturfaktor/Alter
Zuschläge für Kinder Schwerbehinderte
Nachteile des Formel-Modells
- Die Sozialplanstruktur führt manchaml dazu, dass das Sozialplanvolumen für ältere Arbeitnehmer (> 60 Jahre) durch das Formel-Modell zu hoch ausfällt und sie einen Gewinn aus dem Sozialplan ziehen, weil Alter und Betriebszugehörigkeit in der Formel zu einer Erhöhung der Abfindungssumme führen. Das ist nicht sinnvoll und rechtlich nicht vorgesehen.
- Bei Mitarbeitern zwischen 54 und 60 Jahren ist nach der aktuellen Situation auf dem Arbeitsmarkt die Bewertung bzw. das Abfindungsvolumen zu gering. Sie werden am stärksten benachteiligt, weil sie eher schlechte Chancen auf dem Arbeitsmarkt haben. Gleichzeitig fällt ihre Abfindungssumme häufig zu gering aus, um bis zum Renteneintritt auszureichen.
Kriterien für das Formel-Modell
Abfindungskriterien in einem Formel-Modell Sozialplan:
- Dauer der Betriebszugehörigkeit
- Lebensalter (als Korrekturfaktor)
- Brutto-Monatseinkommen
- Unterhaltsberechtigte Kinder
- Schwerbehinderung
Berechnung der Abfindung nach dem Formel-Modell
Die Ermittlung des Abfindungsanspruches im Sozialplan nach dem Formel-Modell erfolgt in folgenden Schritten:
- Zu dem vereinbarten Grundbetrag wird mit dem
- Korrekturfaktor der Betriebszugehörigkeit multipliziert.
- Das Monatsbrutto wird mit der Betriebszugehörigkeit und dem Korrekturfaktor für das Lebensalter entsprechend einer vereinbarten Tabelle multipliziert.
- Schließlich werden die vereinbarten Beträge für Kinder oder Schwerbehinderung hinzugerechnet.
Die Erhöhung oder Ermäßigung durch das Lebensalter soll die Chancen auf dem Arbeitsmarkt entsprechend des Alters ausgleichen. Über 50 Jährige erhalten demnach ca. 50% mehr Abfindung als Mitarbeiter die jünger sind als 36 Jahre. Ab 54 Jahren nimmt die Erhöhung wieder ab. Mit 65 Jahren ist sie 0%, da die älteren Kollegen in Rente gehen können und damit nur geringere Nachteile – oder keine – aus einer Kündigung haben. Das Formel-Modell sollte dies berücksichtigen.
Betriebszugehörigkeit in Jahren | Monatsvergütung x Monate |
0-2 | 1,5 |
3-4 | 1,3 |
5-6 | 1,1 |
7 | 0,9 |
Erhöhung/Ermäßigung dieses Betrages nach Lebensalter | |
36 | 100% |
37 | 106% |
38 | 109% |
39 | 112% |
40 | 115% |
41 | 118% |
42 | 121% |
43 | 124% |
44 | 127% |
45 | 130% |
46 | 133% |
47 | 136% |
48 | 139% |
49 | 142% |
50 | 145% |
51 | 148% |
52 | 151% |
53 | 154% |
54 | 136% |
55 | 118% |
56 | 100% |
57 | 90% |
58 | 80% |
59 | 70% |
60 | 60% |
61 | 50% |
62 | 40% |
63 | 30% |
64 | 15% |
65 | 0% |
Berechnung der Abfindung nach ZEN-Sozialplan
Der ZEN-Sozialplan (Zukunftsgewandter und Einzelfallgerechter Nachteilsausgleich: ZEN – Sozialplan) ist in seiner Gestaltung aufwendiger und komplexer als andere Sozialplan-Modelle, weil er die einzelfallgerechte Berechnung der Abfindung ermöglicht.
Vorteile des ZEN-Sozialplans
- Er entspricht im Ansatz und im Verständnis exakt der Intention des Gesetzes (§ 112 BetrVG)
- Kein anderes Sozialplankonzept erlaubt es ein Sozialplanvolumen wirklich zu argumentieren
- Der ZEN Sozialplan kommt außerdem in der Belegschaft gut an, weil „einzelfallgerecht“:
- ist im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit leicht zu vermitteln (Akzeptanzeffekt!)
- macht es der Gegenseite schwer dagegen zu argumentieren
- nur in diesem Fall die Nachteile aufgezeigt und berechnet werden können!
Berechnung der Abfindung
Die Sozialplanabfindung wird in drei Schritten berechnet:
- Ermittlung aller erforderlichen Daten für die Kalkulation der einzelfallbezogenen Nachteile (Name, Alter, Ausbildung, Tätigkeit, Betriebszugehörigkeit, Jahresgehalt (inkl. der Sonderzahlungen), betriebliche Sonderleistungen wie Betriebsrente oder andere freiwilliger soziale Leistungen des Unternehmens, Anz. unterhaltspflichtiger Kinder, deren Alter und aktuelle Situation (Kindergarten, Schule, Studium, z. B.) , Grad der Schwerbehinderung, sozioökonomische Faktoren)
- Kalkulation aller einzelfallbezogenen Nachteile, die den betroffenen Mitarbeitern aus dem Verlust des Arbeitsplatzes entstehen (Dauer der voraussichtlichen Arbeitslosigkeit (Mittelwert, entsprechend sozioökonomischer Faktoren, der Qualifikation und Region), zu erwartende Reduzierung des Folgeeinkommens, Verluste aus dem Verlust der betrieblichen Sozialleistungen, Rentenverluste, notwendiger Qualifizierungsaufwand)
- Einzelfallbezogene Gegenrechnung der möglichen Sozialleistungen, wie die Zahlungen aus der Transfergesellschaft (sofern vereinbart), sowie des Arbeitslosengeld-Anspruches.
Nach diesem Schritt sind die Nachteile einzelfallbezogen bestimmt. Anschließend muss nun geprüft werden, ob es Gründe für das Unternehmen gibt diese Nachteile nicht auszugleichen.
Grundbetrag
Einen Grundbetrag braucht es zur Kompensation von Bewerbungskosten sowie für:
- Wegfall der altersvermögenswirksamen Leistungen
- reduzierten Bestands- und Kündigungsschutz bei Neueinstellung
- Nachteil der Neubeschäftigung ohne Tarifbindung (Verlängerung der Wochenarbeitszeit, Reduzierung der Urlaubstage, Minderung des Urlaubsgeldes und Kürzung der Sonderzahlung zu Weihnachten)
- Reduzierung der Chance auf Wiederbeschäftigung aufgrund des Bildungsstandes und der Spezialisierung
- finanzielle Leistungen für räumliche Verlagerung des Beschäftigungsortes.
Als Grundbetrag sind Beträge zwischen 5.000 € und 39.000 € kalkulierbar.
Einzelfallbezogene Nachteile
Arbeitslosigkeit
Die drohende Arbeitslosigkeit ist unterschiedlich nach:
- Alter des Arbeitnehmer
- Qualifikation
- Höhe des Einkommens
- Region, in der ihn die Arbeitslosigkeit trifft und ggf.
- weitere sozioökonomische Faktoren, wie Geschlecht, Nationalität, Bildung, etc.
Die Agentur für Arbeit führt nur Statistiken über den Zeitraum von 2 Jahren und die zu erhaltenden Daten (Dauer der bisherigen Arbeitslosigkeit und abgeschlossene Dauer der Arbeitslosigkeit) sind zudem sogenannte statistische Querschnittsdaten, die für die hier gesucht Aussage (Wie lang wird die voraussichtliche Arbeitslosigkeit sein?) nicht zu gebrauchen sind. Tatsächlich liegt die Arbeitslosigkeit statistisch, je nach Alter, zwischen wenigen Monaten und 6 Jahren (bei ca. 58 Jahren) im Durchschnitt. Einzelne Studien geben hierzu Aussagen, sodass mit folgender durchschnittlicher Arbeitslosigkeit zu rechnen ist:
Tabelle der voraussichtlichen Arbeitslosigkeit: